Tja da sind wir doch wieder…
Irgendwie kommt einem das doch wie ein Dejavu vor. War da nicht mal was???
Richtig. Schon im letzten Jahr behandelten wir hier in einer Ausgabe des Shisha Journals das Thema Tabakstatistik.
Das Schöne daran, was einem am meisten Spaß beim Lesen macht, immer unter der Voraussetzung, dass man die Zahlen zu deuten weiß, denn Zahlen lügen nicht. So ist es anhand der offiziellen Statistik, nachzulesen bzw. herunterzuladen unter destatis.de, schnell ersichtlich, wieviel Potential der deutsche Markt denn so hat und wer die Gewinner und wer die Verlierer sind.
Vorab sei verraten (Spoiler Alarm): Einen hat es ganz hart getroffen.
Da im letzten Jahr sehr ausführlich über den Aufbau der Statistik sowie der Marken hier referiert wurde, belassen wir es diesmal bei einem Zahlencocktail im Telegrammstil, dennoch verständlich aufgeführt:
Gesamtabsatz in Tonnen in Deutschland:
2018 2017 Steigerung:
3489,76t 3327,91t 4,9%
Die gute Nachricht also: Der Markt wächst immer noch, wenn auch nicht mehr so rasant wie in den letzten sechs Jahren.
Steuererstattungen in Tonnen in Deutschland:
2018 2017 Steigerung
156,55t 82,77t 89,1%
Solche Erstattungen kommen zustande durch Rückgabe von nicht verwendeten Steuerzeichen oder durch Vernichtung von Steuerzeichen, was eine Rücknahme der Waren in ein Steuerlager zur Folge hat oder eben eine Vernichtung der Waren unter Zollaufsicht mit sich bringt.
Da könnte man sagen: Hut ab! Denn jedem könnte klar sein: Die Ware ging in die Presse, zumindest überwiegend.
Nun könnte man sagen, tja selber schuld, was kauft ihr auch wahllos ein oder produziert wie die Wilden. Das wäre leicht, würde den Betroffenen sehr weh tun und einem Dritten maximal Schadenfreude ins Gesicht zaubern. Aber so einfach ist die Sache nicht. Warum ist denn das so, dass soviel Ware vernichtet wurde. Und wir reden hier von legal entsorgten Waren, nicht von Beschlagnahmen aus illegalen Beständen. Man kann an der Steigerungsrate klar absehen, wie stark sich der Markt bzw. die Marktlage und die Rechtssituation geändert hat.
2016 brachte die Gesetzesänderung die Öffnung des deutschen Marktes für echten Shishatabak, durch Wegfall der Obergrenze für Feuchthaltemittel wie Glycerin. Fortan konnte jeder auf dem Markt machen, was er wollte. Und auf einmal war der Hunger ganz groß und es wurde importiert oder produziert, was das Zeug hielt. Das kann man mit dem Wegfall der Mauer 1989 gleichsetzen. Die Mauer fiel und in den Folgemonaten und -jahren kauften Ostdeutsche wie bekloppt jeden Blechschrott auf, solange er noch rollte und bremste. Und was passierte? Sehr schnell wurde der „neue“ Kunde seiner Dämlichkeit gewahr und mit der Zeit anspruchsvoller.
Und genau das passierte in den letzten zwei Jahren in der Shishabranche, zu sehen nicht nur im Tabaksektor, sondern besonders auch bei Wasserpfeifen und Zubehör.
Hatte man früher die Idee, sich eine Wasserpfeife zu kaufen, so fing alles im Kiosk bei Ali um die Ecke an mit einer ägyptischen Blechpfeife für teuer Geld, schlechtem Tabak und Selbstzünderkohlen.
Die Weiterentwicklung in den letzen Jahren war dann, dass Anfänger bei Amy, Cäser, Kaya, Aladin und wie sie alle heißen sich ein Einsteigermodell kauften im Preisrahmen 45-85 Euro zzgl. Zubehör und Tabak. Die ersten besseren Kohlen wurden als Anfänger gekauft. Sz-Kohle war ab sofort „out“.
Und seit MIG Edelstahlpfeifen auf den Markt brachte, was zu einem Wettrüsten in der Branche und schlussendlich zu einem ganz neuen Marktstandard führte, der heute eine breite Varianz an qualitativ extrem hochwertigen Pfeifen aller Marken führte. Heute heißt es sich seine erste Pfeife zuzulegen, bedeutet im Set mit allem Drum und Dran gut 150-200 Euro.
Das Gleiche zeichnet sich klar im Tabakbereich ab. Der Markt wurde und wird mit Marken und Sorten geflutet. Und jeder Hersteller bringt in Masse neue Sorten, denn auf die Frage des Verfassers: „Was soll das?“ wurde geantwortet: „Mehr Sorten, mehr Verkauf, denn der Großhändler muss alle Sorten haben“.
Nun könnte man wieder sagen, das ist oder kann auch eine Strategie sein, aber wie die finalen Zahlen belegen, rächt sich so ein Verhalten volkswirtschaftlich sehr schnell, weil hier der Faktor Kunde nicht berücksichtigt wird. Der Kunde kann morgen Fanboy sein und übermorgen dein schlimmster Feind. Nicht weil der Kunde „ne böse Mopp“ ist, NEIN! Sondern, weil äußere Umstände, begründet durch eigenes Fehlverhalten oder durch Dritte, insbesondere durch soziale Medien, den Kunden lenken. Klar gehört natürlich auch Qualität dazu. Stabile, gleichbleibende Qualität, gepaart mit gutem (leider verbotenem) Marketing etablieren eine Marke.
Wer den Markt schon was länger kennt, der wird diese Sichtweise verstehen.
Viele Marken hatten ihre ups and downs, aber nur wenige Marken konnten sich stabil am Markt halten, wie z.b. Al Waha, Adalya und ganz klar 7days. Letztere Marke hatte wohl die größten Schwierigkeiten, die zwar intern begründet waren und durch Umstellung der Produktion locker zur Vernichtung der Marke hätten führen können, zumal bereits zu diesem Zeitpunkt Werbung nicht mehr machbar war. Dennoch hat die Marke sich sehr fest bei Kunden und Händlern etabliert und verkauft aktuell mehr denn je. Das zeugt nicht nur von Qualität, sondern auch davon, dass jemand es verstanden hat, wie man Ware platziert und mit dem Kunden umgeht, egal ob B2B oder B2C!
OK.. soviel zum Thema Telegrammstil.. Schon wieder vom Pfad abgedriftet..
Zieht man die Erstattungen ab, kommt so zum Nettobezug:
2018 2017 Veränderung:
3333,2t 3245,14t +2,7%
Die Steigerungsrate muss hier leider deutlich geringer ausfallen, weil eben viel Ware und damit viele Sünden in den Schredder wanderten, um so wenigstens das gebundene Kapital in Form von Tabaksteuer zurück zu erhalten, was bei einigen einen netten Rückfluss an Liquidität bedeutete und durch Abschreibung und Verlust so auch noch Steuern eingespart wurden.
Schade leider, dass das aktuelle Tabaksteuerrecht die Erstattung nur vorsieht für den jeweiligen Bezieher. So haben beispielsweise aktuell in ganz Deutschland Shops und Großhändler etliche Waren, die nicht vernichtet werden können, weil der Antrag auf Erstattung nur von dem Bezieher der Steuerzeichen gestellt werden darf. Was aber tun, wenn die Marke und die Firma schon lange nicht mehr existent sind? Oder der Bezieher das nicht will, weil zuviel Aufwand oder Geschäftsbeziehungen im Unguten beendet wurden?
Hier ist wirklich der Gesetzgeber gefragt, eine Situation zu schaffen, die es jedem ermöglicht, Ware gegen Erstattung zu vernichten. Schließlich wurde mit Kauf der Waren die Tabaksteuer auch entrichtet, wenn auch nicht erstrangig an den Bund, sondern zweitrangig über Dritte.
Am Rande sei noch erwähnt, dass 2018 der Bund mit 115,14 Mio. Euro Bruttoeinnahmen aus Steuerzeichenausgabe brutto rechnen durfte. Die Kosten anteilig auf Pfeifentabak betragen knapp über 7 Mio. Euro. Im Vergleich zu Zigaretten sind wir also nach wie vor eher ein Pickel oder ein Geschwür, dass dem Gesetzgeber nur Unbehagen oder gar Ärger einbringt.
84,50€ / Kg = 16,90 / 200g mit 959,52t, was eine Steigerung von 109% zu 2017 ausmacht.
Viele Marken kamen und alle entschieden sich für 16,90 Euro, da die meisten Marken in Lohnfertigung als „Private Label“ von Dritten gefertigt wurden und so nur durch Anheben des KVP genug Marge für alle zuließ.
Andere etablierte Marken zogen schnell nach und erhöhten von 14,90 Euro auf 16,90 Euro.
Davon ausgehend, dass alle Marken bis auf zwei ca. 150t gemacht haben, bleiben ca. 800t, die auf zwei Marken zu verteilen sind. Beide Hersteller haben mir zwar in einem persönlichen Gespräch höhere Zahlen genannt, dabei darf man aber nicht vergessen, dass internationale Verkäufe hier nicht erfasst sind. Also klare Marktführer 2018 für den Gesamtmarkt mit ca. 800t teilen sich offensichtlich True Passion und 187. Klar, dies kann nur Annahme aufgrund von Erfahrung und Gesprächen sein, belegbar ist dies leider nicht, da natürlich kein Hersteller seine Bücher offen legt.
Vielleicht muss man die Zahlen aber noch etwas nach unten korrigieren, da bei den restlichen Marken im 16,90 Euro-Bereich sich auch Dschinni Tabak befindet, der, auch wenn mir keine Zahlen vorliegen und auch kein Gespräch stattfand, bekannterweise ebenfalls hohe Verkäufe vorweisen kann. Dschinni Tabak ist ebenfalls immer in aller Munde gewesen und auch ein Begriff für jedermann und die Marke schafft es, genauso wie 7days sich ganz ohne Marketing im Gespräch zu halten.. Man kann also über die Marke oder dessen Eigentümer sagen was man will, er hat’s offensichtlich nicht ganz so falsch gemacht und ist vom Markt nicht mehr wegzudenken. Trotz aller negativen Bekundungen hat sich die Marke fest etabliert und kann der nächste Al Waha werden.
74,50€ / Kg = 14,90 / 200g mit 613,74t, was einen Rückgang um 8,9% im Vergleich zu 2017 ausmacht.
Die Begründung hier ist eindeutig: Preissteigerungen. Vergleicht man aber die Preissteigerungen mit dem Wachstum im Bereich 16,90 Euro und sieht hier den geringen Rückgang, dann kann man hier auch von einer deutlichen Steigerung ausgehen. Unwissend, wer noch alles in diesem Bereich ausser Adalya und 7days vertreten ist, da die Masse der Marken nicht mehr überblickbar ist, kann zumindest klar gesagt werden, dass sich diese beiden Marken in dieser Kategorie ein Kopf-an-Kopf-Rennen leisten.
89,50€ / kg = 17,90 / 200g mit 274,03t,was eine Steigerung um 56,1% bedeutet
Zu der Kategorie gibt es nicht viel zu sagen :
Al Fakher…Al Fakher… Al Fakher, mehr lohnt nicht zu erwähnen, um einen Vergleich zu ziehen.
54,90€ / kg = 54,90 / 1000g mit 252,54t, was eine Steigerung von 51,1% ausmacht
Verwunderlich, dass eine derartige Steigerung bei den Kilos zu verzeichnen ist, wo doch aktuell Behörden massiv gegen Bars und Lounges vorgehen, da die Nutzung von Kilos aufgrund des Tabaksteuergesetzes verboten ist und nur Kleinverkaufsverpackungen angeboten werden dürfen.
64,90€ / kg = 64,90 / 1000g mit 217,95t, was eine Steigerung von 310,5% ausmacht
Hier ist es sogar noch unerklärlicher, wie es sein kann, dass derart viele Kilos verkauft wurden. Die Preiskategorie dagegen erscheint logisch, da der Preisunterschied mehr Raum für Händler und Shops lässt.
109,-€/kg = 109,- / 1000g mit 68,57t, was ein Verlust von 14,6% ausmacht.
Hier ist jedem klar, wem die Preiskategorie gehört, da es nur eine Marke gibt, die für den Preis zu beziehen ist. Social Smoke hat massiv im letzten Jahr an Boden verloren. Die Preiskategorien für 250g sind nicht mal mehr in der Kategorie aufgeführt. Und die 100g tauchen am Ende auf mit 2,58t und einem Verlust von 34%. Ein kurzes Telefonat mit dem Eigentümer der Marke führte seiner Aussage nach zu der Erkenntnis, dass die Zahlen falsch sein müssen, da er nach eigenen Angaben knapp über 100t insgesamt verkauft habe. Es lässt sich hier nicht bestätigen, noch verneinen. Aber anzumerken ist, dass die ausgegebenen Steuerzeichen registriert sind und somit ein Rechenfehler auszuschließen ist. Nun muss aber der Marke zugestanden werden, dass man massiv mit Konkurrenz und „Fake“ Produkten auf dem Markt zu kämpfen hat, deren Erscheinungsbild nicht mehr vom Original für den Laien, auch nicht vom Fachmann, zu unterscheiden ist.
Und auch bei den Aromen werden die Verbrecher besser. Es gibt auch genügend Aromenhersteller, die entsprechende Mixturen auch unter entsprechenden Sortennamen vertreiben. Ein Schelm, wer hier Böses denkt. Schlussendlich kommt noch erschwerend hinzu, dass dank des amtierenden US Präsidenten seitens der EU ein Strafzoll in Höhe von 25,6 % für die Einfuhr von Wasserpfeifentabak auferlegt wurde. Das ist aktuell für US Marken wie Social Smoke und Fumari, die hier einzigen erwähnenswerten Marken, die betroffen sind, quasi ein Todesstoß und dennoch wird hart gekämpft und man ist immer noch verfügbar. Letzten Endes ist dies aber nicht den Marken zuzuschreiben, sondern den jeweiligen Importeuren wie Cäsar oder Manuel Bremount, die einfach mit gutem Service die Marken hochhalten. Seitens der Markeninhaber selbst kommt außer einer Präsenz auf diversen Messen nichts Messbares nach.
69,50€ / kg = 13,90 / 200g mit 57,2t, was einen Verlust von 87,9% ausmacht.
Hier ist der Rückgang klar auf Adalya’s Preispolitik zurückzuführen, die aktuell nun 14,90 Euro kosten. Außerdem ist der Umstand, dass bei 13,90 Euro die Margen unattraktiv sind, nicht von der Hand zu weisen.
98,-€ / kg = 4,90 / 50g mit 57,52t ein leichter Anstieg von 5,1%.
Bleibt hier nur generell zu erwähnen, dass 50g immer noch ein interessantes Modell sind, was leider viel zu wenige Hersteller angehen. Aber warten wir dieses Jahr ab. Viele Marken wie 7days, Adalya, Zomo, 7Nights, Sweetsmoke, Chaos bieten mittlerweile alle 20 oder 25g Packungen an, um so den Shishabarbetreibern nun endlich die Möglichkeit geben zu können, legal Tabak in den Gastronomien anbieten zu können. Das Portfolio wird immer größer, sodass für 2019 der Absatz an Kiloware klar sinken wird. Auch Tabakersatz und Dampfsteine wie Shiazo, Icerocks etc. finden ein klares Revival. Und obwohl nicht selbst getestet, hört man sehr viel Gutes an Feedback. Die Qualität bei Steinen muss erheblich besser geworden sein. Manch einer findet mittlerweile Steine sogar besser als Tabak und wollen wir nicht vergessen, dass nur Steine und Pasten aktuell von der Tabaksteuer noch befreit sind, da diese nicht verbrennen, sondern nur dampfen. Alles andere (Liquids ausgenommen, da hier nicht passend) bedarf der Tabaksteuer und unterliegt somit der Steueraufsicht durch Zollbehörden.
So, das war es dann auch schon wieder in Sachen Tabakstatistik 2018. Na ja schon ist gut. Der Text ist in etwa drei- bis viermal länger geworden als geplant. Wollen wir hoffen, dass der Chefredakteur nicht den Rotstift walten lässt und der Artikel seine Seiten findet.
Ich hoffe, dass es wieder Spaß gemacht hat sich mit Zahlen ein wenig auseinanderzusetzen und verbleibe mit den Worten: Guten Rauch da draußen.. Wir sehen uns.. oder lesen uns..
Tino Häusler
Unternehmensberater für Verbrauchsteuerprodukte
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